Das Westland
»Manchmal bedaure ich die Wasserköpfe dafür, dass sie nicht fliegen können. Sie mögen zwar die unzähligen Flüsse, Binnenmeere und Küsten mit ihren Seeschiffen erkunden können, doch tut mir jeder von ihnen leid, der die überwältigende Schönheit seines eigenen Landes nicht von oben sehen kann. Ich habe die ganze Welt gesehen und weiss daher wovon ich spreche, wenn ich sage, dass kein Land schöner als der Westen ist.«

Zitiert aus einem Tagebucheintrag von Orlar Fray, Kapitän des Himmelsschiffs »Wolkenkaiser«

DAS LAND
Der Westen ist das Land des Wassers - wortwörtlich. Der grösste Teil dieser Provinz ist von Wasser bedeckt. Der Westen erstreckt sich von den Regenwäldern, Sümpfe und Mooren im nördlichen Grenzgebiet über das tropische Mittelland und das Hochland mit den grün bewachsenen Ebenen. Je näher man der südlichen Grenze kommt, umso mehr steigt die Temperatur entlang der Steilküsten, sodass sich in der Grenzprovinz zum Südland viele Geysire und heisse Quellen finden, die ein beliebtes Reiseziel sind.
Das Klima im Westen ist tropisch und warm, die Luft ist feucht.


DIE SCHWARZEN PROVINZEN
Der Westen ist nicht nur von seiner einzigartigen Landschaft geprägt, sondern auch dem Erfinderreichtum der Menschen, um neben der endlosen Zahl von Onen überleben zu können: Im nördlichen Grenzbereich der Regenwälder zum Beispiel, ist es den Menschen unmöglich, auf der Erde zu leben, da sie dort leichte Beute für die Wasserschlangen sind. Daher bauen sie ihre Siedlungen in die mächtigen Baumkronen, die sie über Hängebrücken miteinander verbinden. In den südlicher gelegenen Mooren bauen sie auf Stelzen, um nicht im Morast zu versinken, den sie sich wiederum auf die Dächer legen, um sich vor den jagenden Falken- und Eulenfürsten zu tarnen.
DIE KULTUR
Souvin Wassersohn, fünfund-zwanzigster König der Westprovinz, regiert das Westland seit zweihundertdreissig Jahren. Neben dem begehrten Kaiserthron der Goldstadt und dem bekriegten Thron des Südlandes, regieren die Götterkinder auf dem wohlhabenden Westthron am kürzesten. Ständig hat es ein neuer Opportunist auf diesen abgesehen, den er meist durch einen politischen Putsch erobert.
Westmenschen sind die geborenen Diplomaten. Ihre besonnene Klarsicht nutzen sie, um die ertragreichsten Verbindungen zwischen den Ländern und den Blutlinien zu schaffen. Das mag einer der Gründe sein, warum der Westen zur reichsten Provinz Pangaeas aufsteigen konnte, ohne den Handel des Nordens zu betreiben, die Ingenieurskunst des Ostens zu beherrschen oder die Mienen des Südens zu besitzen. 
DIE MENSCHEN
Das Westvolk verehrt und liebt seine Muttergöttin Njoriel - die Göttin des Wassers, des Reichtums und des Glücks.
Sie legen viel Wert auf ihre Zeremonien und ihre Rituale, denn im Westen hat alles eine Bedeutung. Diese Achtsamkeit beginnt bereits bei den kunstvollen Mustern auf ihren seidenen, blauen Roben. Während ärmere Bürger nur schlichte blaue Seidenkleider tragen, verzieren die Reichen ihre Gewänder mit bedeutungsvollen Mustern, Schattierungen und Gold. Je reicher verziert das Gewand, umso höher der Stand.
Die schönsten Zeremonien, die das Westvolk zelebriert, sind die Feiern zu einer Geburt und nach einem Tod. Es ist eine mitreissende Stille, die über den Städten liegt, wenn sie ihre Verstorbenen im heiligen Ahnenseen bestatten oder verheissungsvoll einen Neugeborenen darin taufen.

»Wasserblutgeborene haben eine besonnene, messerscharfe und ernste Sicht auf die Welt. Dem unstillbaren Ehrgeiz und der nüchternen Berechnung zum Trotz, ist ihnen eine bemerkenswerte Feinfühligkeit gemein. Sie messen allen Dingen Bedeutung bei - vielleicht mehr, als sie verdienen. Doch unter der Oberfläche aus Ernsthaftigkeit und Ambition schlummerte eine Seele - so rein, so tief, so ungetrübt -, die es wie keine andere vermag, der Eigenen den Spiegel vorzuhalten.«

Zitiert aus Arture LeMalls »Blutstudien - Band II«
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